Patente wurden eingerichtet, um Schöpfer gewerblich nutzbarer Erfindungen zu honorieren: Auf bestimmte Zeit sollte ihnen die wirtschaftliche Auswertung ihres geistigen Eigentums vorbehalten bleiben. Abwehr von Missbrauch oder Nachahmung war das eine Ziel, die Veröffentlichung technischer Errungenschaften ein anderes. Um den Einsatz von Werkzeugen, Geräten und Maschinen ging es – also um zwar reproduzierbares, nicht jedoch um lebendes Material (Ausnahme: USA 1873, Hefe; 1931, Rosen), nicht um die Grundbausteine von Leben. Heute sollen über das Patentrecht Erfindungen mit Bezug auf organisches, sich selber reproduzierendes „Material“ geschützt werden, und zwar möglichst in unbegrenztem Ausmass („absolute Stoffpatente“). Ob diese Übertragung sachgerecht sei, ob Erfinder und Erfinderinnen verglichen mit ihrem Verdienst nicht unangemessen und also unfair belohnt werden, wird von den Promotoren nicht gründlich untersucht.
Der Schutz von Erfindungen wird hier weder in seiner kreativen noch in seiner wirtschaftlichen Bedeutung verkannt oder bestritten. Vielmehr gelten neu erfundene und gewerblich nutzbare Verfahren auch dann als schützenswert, wenn sie Organisches einbeziehen. Was indessen als solches vorgegeben und selbst reproduktionsfähig ist, kann richtigerweise nicht als Erfindung gelten: Nur von Menschen Erfundenes, nicht Naturgegebenes ist patent-rechtlich zu schützen.
Wenn nur geschützt werden kann, was sich gewerblich nutzen lässt, wird damit vorausgesetzt, dass man seine Funktionen kennt und beherrscht. Bei totem Material fällt das relativ leicht, bei lebendem erheben sich Schwierigkeiten, und zwar ganz egal, ob es sich dabei um höhere oder tiefere Lebensformen handelt. Hier muss das Stoffpatent, wenn es denn vertretbar ist, auf bekannte Funktionen beschränkt werden („funktionsspezifischer Stoffschutz“); es geht nicht an, es auf spätere, zur Zeit der Patentierung nicht bekannte bzw. benannte Verwendungsmöglichkeiten auszudehnen.
Wer anders verfährt, macht sich, unter anderem, des vorgreifenden Diebstahls gegenüber künftigen Erfinderinnen und Erfindern schuldig. Das gilt ausdrücklich auch mit Blick auf das sogenannte Forschungsprivileg, das die Arbeit an bekannten Erfindungen mit dem Ziel einer ihrerseits patentierbaren Erfindung sichert. Worum es ginge, lässt sich mit einem imperialistischen Akt des Kolonialismus vergleichen: Wer würde heute noch vertreten, es sei rechtens, unweit des Strandes eine Fahne aufzupflanzen und zu behaupten, alles dahinter liegende und noch unbekannte Land, auch der darunter liegende Boden und der sich darüber wölben-de Himmel, sei nun Eigentum dessen, den die Fahne symbolisiert?
Was als – tote oder lebendige – Sache allen Menschen in gleicher und fundamentaler Weise vorgegeben ist und sich finden, nicht jedoch erfinden lässt, kann nicht in fairer Weise zum Eigentum weniger, in der Regel selbsternannter Besitzer werden. Ein dieser Regel widerstreitender Akt wird nie gerecht, auch dann nicht, wenn er durch positives, nationales oder internationales Recht autorisiert wird.